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Demokratisches Empowerment religiöser Player: C. Giousouf, Vize-Chefin der BpB, im Werkstattgespräch


Das interreligiöse Projekt „Kohäsion durch Konflikt“ setzte seine öffentlichen Dialogveranstaltungen am 14.02.2023 in Form eines virtuellen Werkstattgespräches mit der Fachleiterin und Vertreterin des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Frau Cemile Giousouf, fort. Unter dem Titel „Religion in der politischen Bildung“ ging es darum, welche Stellung Religionsdiskurse und Glaubensvollzüge im öffentlichen Raum einnehmen und wie Bildungsarbeit dazu beitragen kann, deren demokratische Potentiale zu nutzen. Statt Religionen dabei enge Themen- und Rollenmuster zuzuweisen, so der Tenor, sollten sie als eigenständige Akteure verstanden werden, die sich gleichberechtigt an der Aushandlung divergierender Positionen in der gemeinsamen gesellschaftlichen Arena beteiligen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt lag auf dem Islam, auf den sich Frau Giousouf nicht nur als BpB-Repräsentantin, sondern auch mit ihrer akademischen und politischen Expertise beziehen konnte. Bevor sie als erste muslimische Abgeordnete der CDU in den Bundestag einzog, studierte sie u.a. Islamwissenschaften und arbeitete als Referentin für Integrations- und Gleichstellungsfragen in verschiedenen Landesministerien in NRW.


Religionen stellten laut Frau Giousouf demokratische Bindekräfte zur Verfügung, seien aber gleichzeitig sowohl Subjekt als auch Objekt von Ausgrenzungspraktiken, wie etwa Debatten um verschleierte muslimische Frauen zeigten. Ziel müsse es sein, die betroffenen Individuen und Communities zu „empowern“ und ihre Repräsentation in demokratischen Institutionen zu gewährleisten. Beispielsweise gelte es, die Stimmen der dritten und vierten Generation von Einwanderern im politischen Diskurs hörbar zu machen. Vorsicht sei indes geboten, ihnen nicht durch ein „projektives Islambild“ Identitäten überzustülpen, die mit ihren – mitunter säkularen – Lebensrealitäten nichts zu tun hätten. Politische Bildung biete die Chance, derlei Gemengelagen „aufzudröseln“. Als theoretischen Leitfaden für den Umgang mit (religiöser) Pluralität empfahl Frau Giousouf John Rawls‘ Konzept des „überlappenden Konsenses“, die Einigung auf geteilte moralische Vernunftgründe. Die Moderatorin Dr. Gesine Palmer von der Katholischen Akademie in Berlin verwies in diesem Zusammenhang auf weisheitliche oder mystische Grundströmungen in allen Religionen, namentlich die Goldene Regel, die an Kants kategorischen Imperativ und darüber an Rawls anschlösse.

Mit Blick auf politische Bildung, so Giousouf und Stefan Zinsmeister von der Eugen-Biser-Stiftung, sei wiederum der „Beutelsbacher Konsens“ maßgebend, die Trias aus Überwältigungsverbot, Kontroversitätsgebot und Subjektorientierung.


In der Diskussion mit den rund 30 Teilnehmern wurde u.a. dafür plädiert, den Islam auch jenseits von Fragen der Sicherheit und Extremismusprävention in der politischen Bildung ernst zu nehmen. Praktisch geschehe dies in der BpB auch niedrigschwellig, wie Frau Giousouf berichtete, indem etwa muslimische Influencer auf YouTube gesellschaftsrelevante Themen kommentieren, oder Kooperationen mit der Bildungsstätte Anne Frank Aufklärung über Antisemitismus leisten. Solche Angebote richteten sich nicht zuletzt an diejenigen, die demokratische Werte teilen, qua Sozialisation aber anderen Einflüssen unterliegen. Leitend war die Frage nach Lernräumen, in denen sich eine Gesellschaft über sich selbst verständigt und dabei religiöse Perspektiven einbezieht. Exemplarisch wurde die Deutsche Islamkonferenz genannt, die es der muslimischen Community erlaube, auf Augenhöhe mit dem Staat in Dialog zu treten.

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